Europäisches Gericht bestätigt Verbot der Rechtsberatung für russische Regierung und Unternehmen trotz Bedenken zur anwaltlichen Unabhängigkeit und Zugang zum Recht
Das Europäische Gericht hat in einer richtungsweisenden Entscheidung das Verbot der Rechtsberatung für die russische Regierung sowie in Russland ansässige Unternehmen und Einrichtungen bestätigt. Dieses Verbot wurde im Rahmen des achten Sanktionspakets der Europäischen Union als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erlassen. Die Entscheidung hat weitreichende Implikationen für die Rechtsanwaltschaft und den Zugang zu Rechtsberatung in Europa.
Hintergrund der Sanktionen
Im Oktober 2022 verabschiedete der Rat der EU ein achtes Sanktionspaket, das unter anderem ein Verbot der Rechtsberatung für russische Institutionen beinhaltet. Genauer gesagt, bezieht sich Artikel 5n Abs. 2 der Verordnung 2022/1904, die die Verordnung 833/2014 ändert, auf das Verbot, das jedoch nicht für die Vertretung vor Gerichten oder Behörden gilt. Gegen das Verbot klagten mehrere Rechtsanwaltskammern, darunter die niederländischsprachige Rechtsanwaltskammer Brüssel und die Rechtsanwaltskammer Paris, sowie ein französischer Anwalt und der französische Rechtsanwaltsverband ACE. Die Kläger argumentierten, dass das Verbot das Recht auf Zugang zu Rechtsberatung, das anwaltliche Berufsgeheimnis und die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts verletze.
Das Europäische Gericht wies diese Argumente zurück und stellte fest, dass das Verbot nicht gegen das Recht auf Zugang zu einem Rechtsanwalt verstoße, da dieses Recht nur im Kontext von Gerichtsverfahren gelte. Der Zugang zu Rechtsberatung sei nicht untrennbar mit der gerichtlichen Vertretung verbunden, was die Kläger vorgebracht hatten.
Rechtsanwaltsfreiheit und Verhältnismäßigkeit der Sanktionen
Das Gericht stellte klar, dass die anwaltliche Unabhängigkeit im Kontext von Gerichtsverfahren geschützt ist, aber nicht in nichtstreitigen Angelegenheiten. Die Kläger beriefen sich auf den Verhaltenskodex für europäische Rechtsanwälte, der Einflussnahme auf den Prozess der Auftragsannahme durch Dritte verbietet. Das Gericht entschied jedoch, dass diese Vorschriften nicht Teil des EU-Rechts sind.
Darüber hinaus wurden Bedenken über die Bestimmtheit der Vorschriften für das Verbot der Rechtsberatung geäußert. Das Gericht wies darauf hin, dass EU-Rechtsvorschriften klar und präzise sein müssen. Dennoch wies das Gericht die Bedenken zurück und erkannte an, dass Anwälte in der Praxis eine gewisse Selbstzensur praktizieren könnten. Die Entscheidung wurde von der deutschen Anwaltvereinigung (DAV) als enttäuschend bewertet, da sie die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen erlaubter und verbotener Rechtsberatung nicht ausreichend berücksichtigt.
Die Möglichkeit, gegen das Urteil beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Berufung einzulegen, bleibt bestehen, und es ist denkbar, dass die Kläger diesen Schritt in Erwägung ziehen könnten. Dies könnte zu einer weiteren Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen führen, die die Differenzierung zwischen gerichtlicher Vertretung und anderer Rechtsberatung betrifft.