NachrichtenStrafrecht

Gesichtserkennung durch die Polizei: Chancen, Herausforderungen und das gescheiterte Sicherheitsgesetz

Die Diskussion um die Nutzung biometrischer Gesichtserkennung durch die Polizei hat durch die Festnahme der Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette an Brisanz gewonnen. Zwei Journalisten spürten Klette mithilfe eines alten Fahndungsfotos auf, das sie auf der kommerziellen Webseite PimEyes hochgeladen hatten. Dieser Vorfall wirft die Frage auf, warum die Polizei nicht dieselben Technologien nutzen darf wie private Unternehmen.

Wie funktioniert biometrische Gesichtserkennung?

Biometrische Gesichtserkennung basiert auf der Analyse charakteristischer Merkmale eines Gesichts, wie dem Verhältnis von Augen, Nase und Mund zueinander. Diese Merkmale werden in digitale Daten, sogenannte Templates oder Muster, umgewandelt. Bei der Gesichtserkennung werden nicht die Fotos selbst verglichen, sondern die Templates. Kommerzielle Anbieter wie PimEyes und Clearview sammeln riesige Mengen an Fotos aus dem Internet.

PimEyes: Rund 2,2 Milliarden Fotos gespeichert (Stand 2022).
Clearview: Bis zu 20 Milliarden Bilder zur gleichen Zeit.

Im Kontext der Sicherheitslage in Deutschland plante die Bundesregierung, der Polizei den „nachträglichen biometrischen Abgleich mit allgemein zugänglichen Daten aus dem Internet“ zu erlauben. Die entsprechenden Änderungen sollten in die Strafprozessordnung, das BKA-Gesetz und das Bundespolizeigesetz integriert werden. Dies hätte einen erheblichen Fortschritt in der kriminalistischen Arbeit bedeutet, da die Polizei bisher nur mit eigenen Datenbanken arbeiten durfte.

Hürden und Unklarheiten bei der Umsetzung

Trotz der geplanten Gesetzesänderungen gab es bald nach dem Vorschlag signifikante Unsicherheiten. Das Innenministerium unter Nancy Faeser (SPD) hatte keinen klaren Plan, wie die polizeiliche Gesichtserkennung in der Praxis umgesetzt werden sollte. Zwei Möglichkeiten standen zur Diskussion:

1. Zusammenarbeit mit Dienstleistern: Anbieter wie PimEyes oder Clearview, deren Datenbanken jedoch von Datenschützern als illegal eingestuft werden, da die abgebildeten Personen nicht um Erlaubnis gefragt wurden.

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2. Aufbau einer eigenen Datenbank: Das BKA könnte eine eigene Datenbank mit Templates aufbauen, was jedoch eine unverhältnismäßige Vorratsdatenspeicherung darstellen würde.

Ein wichtiger Aspekt der Diskussion ist die neue EU-KI-Verordnung, die die Schaffung von Datenbanken zur Gesichtserkennung untersagt. In Anbetracht dieser Hürden haben die Ampel-Fraktionen eine wichtige Änderung in das Sicherheitspaket eingebaut. Die Polizei darf die neue Methode erst nutzen, wenn die Bundesregierung die technische Umsetzung in einer Rechtsverordnung klärt. Zudem wurde die Nutzung der Technologie auf die Aufklärung oder Verhütung „besonders schwerer Straftaten“ beschränkt.

Die Situation eskalierte, als das Sicherheitspaket am 18. Oktober 2023 im Bundestag beschlossen wurde, jedoch im Bundesrat teilweise gestoppt wurde. CDU/CSU-regierte Länder verweigerten die Zustimmung zum „Gesetz zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung“. Ob die Bundes­regierung den Vermittlungsausschuss anruft, ist bislang unklar. Einzige Überlebende im Bundesrat ist die Befugnis zur Internet-Gesichtserkennung im Asylgesetz, die dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erlaubt, die Identität von papierlosen Flüchtlingen mit Hilfe von Internetfotos festzustellen. Dies lässt jedoch die zentrale Frage offen, wie Innenministerin Faeser die praktische Umsetzung der biometrischen Gesichtserkennung für die Polizei künftig gestalten will.

Egon Wilmer

Egon Wilmer ist ein engagierter Journalist mit einer besonderen Leidenschaft für Rechtsthemen. Mit seinem fundierten Wissen und seiner tiefen Neugier für rechtliche Fragen hat er die Website kanzlei-seiten.de gegründet, auf der er regelmäßig über verschiedene Themen aus der Welt des Rechts schreibt. Von aktuellen Gesetzesänderungen bis hin zu komplexen juristischen Fragestellungen bietet Egon auf seiner Plattform gut recherchierte und verständlich aufbereitete Artikel, die sowohl Laien als auch Fachleuten einen echten Mehrwert bieten.

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