NachrichtenVerwaltungsrecht

Verwaltungsgerichtshof München: Strenge Anforderungen an anwaltliche Sorgfaltspflichten bei technischen Problemen

In einer aktuellen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs München (VGH) wird erneut deutlich, wie streng die Gerichte bei der Wahrung anwaltlicher Sorgfaltspflichten sind. Die Entscheidung betrifft einen Fall, in dem ein fristgebundener Schriftsatz aufgrund technischer Schwierigkeiten verspätet eingereicht wurde. Diese Situation wirft wichtige Fragen zur Verantwortung von Anwälten und den Erwartungen an ihre Handlungsweise bei technischen Problemen auf.

Verzögerung durch technische Probleme

Im konkreten Fall hatte eine Klägerin gegen einen Bescheid zur erweiterten Gewerbeuntersagung geklagt und die Zulassung der Berufung beantragt. Der Antrag wurde fristgerecht eingereicht, allerdings kam die Begründung erst nach Ablauf der Frist beim Gericht an. Der Anwalt der Klägerin versuchte, die Verspätung mit technischen Problemen während der Übermittlung zu rechtfertigen, die in seinem Homeoffice aufgetreten waren. Der VGH wies jedoch den Antrag auf Wiederherstellung des vorherigen Standes zurück und stellte fest, dass der Bevollmächtigte nicht ohne eigenes Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen sei.

Die Richter:innen machten deutlich, dass Anwälte bei der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) die gleichen Sorgfaltspflichten wie bei der Übermittlung per Fax einhalten müssen. Dies bedeutet, dass sie auch die möglichen technischen Risiken und Verzögerungen einkalkulieren müssen, wie etwa schwankende Übertragungsgeschwindigkeiten oder eine hohe Serverlast.

Erwartungen an Anwälte und alternative Übermittlungswege

Der VGH stellte zudem fest, dass Anwälte in solchen Fällen alternative Übermittlungswege in Betracht ziehen sollten, insbesondere wenn sich die Frist dem Ende zuneigt. In diesem Fall hätte der Bevollmächtigte trotz der technischen Schwierigkeiten einen Faxversand in Erwägung ziehen müssen, da § 55d Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dies ausdrücklich erlaubt, wenn die elektronische Übermittlung technisch nicht möglich ist.

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Ein weiterer kritischer Punkt war, dass der Anwalt erst um 23:40 Uhr mit der Übermittlung des Schriftsatzes begann, was nicht ausreichend Zeit ließ, um eventuelle technische Probleme zu beheben. Die Rechtsprechung empfiehlt, einen Sicherheitszuschlag von etwa 20 Minuten einzuplanen, um unvorhergesehene Komplikationen auszugleichen. In diesem Fall war das Versäumnis des Anwalts, rechtzeitig zu handeln, offensichtlich und führte zu einer klaren Entscheidung des Gerichts: „Zu spät ist zu spät.“

Die Entscheidung des VGH verdeutlicht die hohe Verantwortung von Anwälten, auch in digitalen Prozessen. Anwälte müssen sicherstellen, dass sie über die technischen Möglichkeiten und Alternativen verfügen, um Fristen zuverlässig einzuhalten, um die rechtlichen Interessen ihrer Mandanten zu wahren.

Egon Wilmer

Egon Wilmer ist ein engagierter Journalist mit einer besonderen Leidenschaft für Rechtsthemen. Mit seinem fundierten Wissen und seiner tiefen Neugier für rechtliche Fragen hat er die Website kanzlei-seiten.de gegründet, auf der er regelmäßig über verschiedene Themen aus der Welt des Rechts schreibt. Von aktuellen Gesetzesänderungen bis hin zu komplexen juristischen Fragestellungen bietet Egon auf seiner Plattform gut recherchierte und verständlich aufbereitete Artikel, die sowohl Laien als auch Fachleuten einen echten Mehrwert bieten.

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